Hansueli heisst er, mein Neuer. Erst ist er trocken, dann aber wird er ganz geschmeidig, aktiv und liefert mir genau das, was ich von ihm verlange. Die Rede ist von meinem Anstellgut. So nennt man den Restsauerteig, der nicht verbacken, sondern als ‘Sauerteigsicherung’ im Kühlschrank aufbewahrt und durchgefüttert wird. Vor jedem Backtag wird ein Teil des Anstellgut mit Mehl und Wasser vermischt und gedeiht so zu einem neuen Sauerteig.
Wenn das dir jetzt alles zu schnell ging und du dich fragst, wieso um Gottes Willen ich ein vor sich hin gärendes Wasser-Mehl-Gemisch mit Namen versehe und im Kühlschrank aufbewahre, solltest du unbedingt einen Sauerteig-Einsteigerkurs besuchen.
Tamagotschi von heute
Wenn Hansueli bei dir jedoch kein befremdliches Gefühl ausgelöst hat, im Gegenteil, du Zuhause vielleicht sogar selber einen Hermann hegst und pflegst, dann möchte ich dir den Sauerteig-Intensivkurs ans Herz legen.
Ich gehörte bis vor kurzem noch zur Sorte eins, also zu den Sauerteig-Novizen. Ich mochte Sauerteigbrot, wusste ich doch um die bekömmliche Wirkung und auch die langsame, von Geduld geprägte Herstellung imponierte mir. Selber Hand angelegt hab ich bisher aber nie. Das hat sich nun geändert, das Sauerteigfieber hat mich befallen, es grassiert besonders stark auf Instagram, vermutlich hab ich es mir auch da eingefangen. Die Achtung des Handwerks, die Faszination der Fermentation und die Wertschätzung des finalen Produktes – Sauerteigbrotbacken lehrt einen einiges und ist jede Mühe wert.
Meisterin vom Brot
Sauerteigbrotbacken sei nicht kompliziert, lediglich komplex, meint unsere Sauerteig-Meisterin, Katharina Arrigoni, die mit einer Leidenschaft bäckt, wie Federer Tennis spielt. Katharina ist keine Bäckerin, sondern Quereinsteigerin, die über ihre grosse Liebe zu gutem Brot zum Backen gefunden hat. Niederlagen gehörten dazu, die müsse man wegstecken und daraus lernen, versucht der Sauerteig-Guru uns weis zu machen. Das wird so sein, dennoch ist ein einst geduldig umsorgter Teig, der sich im Ofen zu einem flachen Brett entwickelt, Grund genug für Selbstzweifel aller Art. Katharina rät, ein und dasselbe Rezept immer und immer wieder zu machen bis es perfekt ist. Ihre Brote sind perfekt und zwar nicht bloss eine Sorte – über 50 verschiedene Brotrezepte finden sich in ihrem Buch, 66 weitere werden auf ihrem Blog besondersgut.ch verraten.
Stolz aus dem Ofen
Für die Kursteilnehmer hat Arrigoni auch gebacken, schliesslich muss man sich zwischen dem vielen Mischen, Zuhören, Kneten und Formen auch anständig verpflegen. Wir bekommen Schweizer Brot vom Feinsten vorgesetzt – ein Bündner Roggenherz sowie ein stolzer, übergrosser Zopf treiben uns an. Katharina erklärt, wie wichtig eine hohe Aktivität des Anstellgutes ist, welche Eigenschaften die verschiedenen Mehlsorten mit sich bringen und ermutigt immer und immer wieder, den Sauerteigansatz selber zu kosten. Gärt irgendwo ein Wasser-Mehl-Gemisch, steckt kurze Zeit später ganz bestimmt der Zeigefinger von Katharina drin, kein Konfi- oder Weckglas scheint vor ihr sicher. So wie das Anstellgut schmeckt, so schmecke danach auch das Brot, erläutert sie. Katharina selber versucht nicht nur alle Teigansätze, sondern auch immer wieder neue Rezeptkreationen. Zur Zeit spielt sie mit Fermentwasser rum und erzeugt so ebenfalls einen Sauerteig.
Falten, Warten, Essen
Wir haben ein ambitioniertes Back-Programm. Neben einem hellen Weizensauerteig backen wir einen Bündner Roggenring sowie ein Walliser Roggenbrot. Das volle Programm also. Beim Weizensauerteig üben wir kneten, geduldig warten und richtig einschneiden, der Roggen schult Falttechnik und lehrt uns, wie klebrig, kleistrig Teig sein kann und wie damit umzugehen ist. Dass nicht nur Katharinas Herz für Brotteige schlägt, sondern auch der Teig ihr viel Liebe entgegenbringt, ist unübersehbar. Der Teig fühlt sich in ihren Händen sichtlich wohl – als ob er darauf plangt von ihr höchstpersönlich geknetet zu werden, lässt er sich durch ihre Finger formen.
Zum Schluss wartet auf die Sauerteig-Schüler die Belohnung: frisch gebackene, noch warme, knusprige Brote, deren Entstehung man von Beginn weg mitgeprägt hat. Ein solches Brot macht stolz und lässt das Fieber weiter glühen.
Links & Infos:
Wer einen Hansueli bei Katharina bestellen möchte, der macht dies am Besten hier. Im Moment ist zwar noch Sommerpause, doch ihr könnt euch ja bereits mal mit einer solchen Adoption auseinandersetzen und euch auf das Couvertli vorbereiten.
Und für Lernwillige, Wissenshungrige und bereits Infizierte gibt’s ein tolles Brotkurs-Angebot in der Mühle Tiefenbrunnen hier.
Und seid ihr erst mal richtig angefixt, hat Katharina Arrigoni auf ihrem Blog zahlreiche Rezepte. Eines feiner als das andere. Am Besten gleich loslegen. Hier lang.
Viele weitere gluschtige Rezepte findest du bei Schweizer Brot.
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Schweizer Brot entstanden. Auch wenn ich dafür entlohnt wurde, gebe ich nur meine eigene Meinung wieder. Bei Inhalt und Text hatte ich völlige Gestaltungsfreiheit.