Im Studium der Politikwissenschaft habe ich gelernt, dass Parteien auch der Informationsabkürzung dienen. Soll heissen, wenn ich mich mit einer Partei identifiziere, dann verlasse ich mich auch auf sie, auch wenn ich den exakten Sachverhalt nicht genau verstehe. Stichwort Unternehmenssteuerreform drei – längst nicht alle schnallen’s bis ins Detail, viele orientieren sich an der Parteien, die ihnen auch sonst am nächsten steht. Macht Sinn. Und weil ich viel lieber über Schokoladenkuchen als Steuerreformen schreibe, komme ich zum Punkt. Nicht nur Parteien und Politiker dienen der Informationsabkürzung. Auch sonst gibt’s vielerlei Menschen, an denen wir uns orientieren. Und ich rede nicht von Influencern, bitte nein. Ich denke an grosse Denkerinnen und Denker, an Macherinnen und Macher, an Menschen mit Rückgrat oder Kreativität.
Julia Child und Co.
Auch in der Küche gibt’s die. Wenn Julia Child über Boeuf Bourguignon redet, dann bin ich ganz hörig. Sie könnte mir ihre französische Zwiebelsuppe zum Date empfehlen, ich würd’s machen. Auch Christian Seiler gehört in diese Sparte, was er schreibt, nehm ich für bare Münze. Oder Claire Saffitz, die Oberbäckerin der Bon Appetit Küche in NY – sie hat’s drauf und obendrein noch einen begnadeten Geschmack. Und dann gibt’s da noch Niki Segnit, die Food Journalistin und Autorin aus England. Der ‚Geschmacksthesaurus‘ stammt aus ihrer Feder, genauso ‚Intuitiv kochen (über letzteres hab ich hier geschrieben). Sie ist eine Ikone, meine Ikone.
Segnit, die Ikone
Sie probiert alles, sie kocht sich durch die Länderküchen der Welt, stets mit viel Knowhow und Hintergrundwissen in petto. Sie gibt mir das Gefühl, so gut wie alles wenn nicht schon mal gekocht, dann zumindest gegessen zu haben. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass sie an einem Montagmorgen simple Cornflakes futtert, einfach weil gefuttert werden muss. Segnit könnte zwar durchaus Cornflakes essen, aber auch dann mit einem Sinn fürs Experiment und ihrer überbordenden Neugier. Stets gepaart mit einer grossen Liebe zu guten Essen, zum Geschmacksträger Fett, zu Butter und Käse. Immer wieder rät sie von der fettfreien Variante ab, das macht sie vielleicht nicht schlank, aber glaubwürdig. Sie ist eine, die kocht, um des Erlebnis und Geschmack Willens, nicht weil sie selber kontrollieren will, wieviel Kalorien sie zu sich nimmt. Segnit ist voller Lust und Leidenschaft, ohne Dogmen und Ernährungsmythen.
In die Bäcker-Hölle
Also gut. Ganz so ist’s dann doch nicht. Ein Gebot hat sie, bossy und selbstbewusst, in die Welt gesetzt und ich, Fan genug, hab ihr blindlings vertraut. In ihrem ersten Werk, dem Geschmacksthesaurus, schrieb sie mit einer Selbstverständlichkeit, dass es ein Unding sei, aus Randen, also Roten Beeten, Schokoladenkuchen zu backen. Ich erinnere mich noch an ihre Worte. In meiner Bäcker-Seele wurden all jene, die Randen mit Schokoladen vermählten, um daraus hässlich gesunde Kuchen zu backen, aufs übelste verschmäht. Ich pflichtete Segnit still bei, sowas müsste bestraft werden. Ja, die Bäcker-Hölle haben wir ihnen gewünscht. Sie und ich, wir, die es besser wissen.
Ran an die Rande
Es musste die Quarantäne kommen, mehr Zeit in der Küche und – aus hier jetzt nicht näher zu erläuternden Gründen – ein Lager an mehreren Kilo Randen Zuhause. Segnit’s Zeilen versuchte ich zu verdrängen, dennoch habe ich mich mit einem nur allzu unguten Bauchgefühl an die roten Beeten rangemacht. Fast schon mit einem bemitleidenden Unterton verklickerte ich ihnen, dass sie ihr Ende in einem Schokoladenkuchen finden werden. Die Knollen haben dies anteilnahmelos über sich ergehen lassen.
Ausser Rande und Bann
Und sie werden es mir immer danken. Mein erster Bissen erwartete ich wie die Schwangere ihr Kind. Mit viel Vorfreude und einer schier überbordenden Neugier. Und ich bin sprachlos. Am liebsten hätte ich Niki ein Stück zukommen lassen, einfach so zum Probieren.
Backen in Zeiten von Corona
Für ein gelungenes Backen sind ein paar Dinge essentiell. Ein gute Waage, ein paar verschieden grosse Kuchenformen, eine grosse Rührschüssel, ein Spachtel sowie ein Schwingbesen. Damit komm ich schon wahnsinnig weit. Mein Backzubehör habe ich von Betty Bossi. Die Auswahl ist gross – egal ob überzeugte Puristin, die sich aufs Essentielle beschränkt oder ambitionierte Küchenchefin, die bei fancy Gadgets Herzklopfen bekommt – es gibt für alle was.
Randen Schoggi Kuchen
Zutaten
- 450 g Randen (gerüstet 400g Randenfleisch)
- 150 ml Rapsöl
- 200 g dunkle Schokolade
- 50 g rohes Kakaopulver, ungesüsst
- 150 g gemahlene Mandeln
- 50 g Mehl
- 1 TL Backpulver
- 150 g Rohrzucker
- 1/2 TL Meersalz
- 3 Eier
- 1/2 TL Vanilleextrakt
Für die Glasur
- 250 g Ricotta
- 2 EL Honig
- 4 EL gehackte Schokolade
Anleitung
1
- Die Randen schälen, in Schnitze schneiden und in einer Gratinform mit etwas Rapsöl marinieret für ca 50 bis 60 Minuten bei 180 Grad Umluft rösten. Die Gratiform mit einer Alufolie abdecken, die Randen sollten nicht austrocknen und auch nicht schwarz werden. Die Randen auskühlen lssen und dann im Mixer zu einem feinem Mus pürieren. Du brauchst circa 400 g Randenpürée. Sollte das pürieren zu lange dauern, kann nachgeholfen werden, indem bereits 2 – 3 EL des Rapsöl beigegeben wird. Es können auch bereits gedämpfte Randen verwendet werden, das spart Arbeit.
2
- Mandeln, Kakaopulver, Mehl, Rohrzucker und Backpulver in einer grossen Schüssel mischen.
3
- Die Eier mit dem Meersalz in einer weiteren Schüssel mit dem Handrührgerät schaumig schlagen.
4
- Die Schokolade im Wasserbad schmelzen. Rapsöl, geschmolzene Schokolade und Randenpurée gut vermischen.
5
- Die Randen-Schokoladen-Mischung zum Mehl-Mandel-Gemisch geben und untereinanderheben. Dann die Eier zufügen und vorsichtig mit einem Gummischaber unterziehen. Den Teig in eine gut gefettete oder mit Backpapier ausgekleidete Kuchenform geben. In der unteren Hälfte des auf 180 Grad vorgeheizten Ofens für 45 Minuten bei Ober- und Unterhitze backen.
6
- Ricotta mit Honig mischen und den ausgekühlten Kuchen damit gleichmässig bestreichen. Die Schokolade hacken, es darf und sollen unregelmässige Stückchen sein. Den Kuchen damit bestreuen und für einige Stunden im Kühlschrank kühlstellen. Dann geniessen.
1 Kommentar
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danke für das rezept, nicole! hatte randen in meiner gemüsebox letzte woche. gross, mach ich diese woche. kuss