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Kinder an die Macht

Eine kleine Anekdote. Genauso passiert diese Woche beim Posten in Oerlikon.

Winzerkäse Bio, Winzer Käse ohne Bio, Emmi Tilsiter mild, Coeur de Lion in Aktion – je grösser die Auswahl, desto länger das Herumlungern vor dem Regal. Ich schlenderte also hin und her und versuchte den schmackhaftesten, dazu möglichst regionalen und zugleich preiswertesten Käse im Kühlregal zu eruieren. Während ich also so da stand und meinen Dreisatz anstellte, hüpften ein paar Kiddies – sichtlich weniger von Kaufüberlegungen geplagt – vor den Gestellen herum.

Der eine Junge, Typ Bullberbü-Bube, blond, rotwangig und den Schalk ins Gesicht geschrieben, unterhielt sich mit seinem Kindsgi-Kumpel, der mit seiner Brille – zu gelb und zu gross – etwas Unbeholfenes ausstrahlte. Trotz aller signalisierten Hilflosigkeit, wusste der Bube ganz genau was er wollte: „Also wenn ich sooviel Geld hätte, würde ich alle diese Schokoladenjoghurts kaufen“. Mit ausgestreckten Armen unterstütze er seinen schokohaltigen Wunsch. Ihre Unterhaltung ging also darum, was sie machen würden, wenn sie sooviel Geld hätten, merkte ich. Wieviel sooviel Geld wirklich ist, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden, darüber haben die zwei Kindsgi-Kupmels wohl Stillschweigen vereinbart.

„Ja oder diese alle Joghurt könnten wir kaufen,  und das und das und das“, und er tippte auf die verschiedenen Milchdessert bis hin zum Kinderpingui.

„Ja, wir könnten das ganze Gestell kaufen“, konterte der andere, worauf der Brillenträger toppte: „Den ganzen Laden!“

Plötzlich erhob das Bullerbü-Blondchen Einspruch. „Nein, wenn ich sooviel Geld hätte, dann würde ich die Flüchtlinge retten!“ , und vergessen schienen die Schoko-Joghurts.

Soviel Herz musste anstecken. Die gelbe Brille – nun überhaupt nicht mehr hilflos – zog mit: „Ja, genau, alle Flüchtlinge“ und fügte an „und dann noch den Dschungel.“

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