Wir essen uns einmal quer durch – Knödl und Krautsalat, Schinken und Speck, Tagliatelle, Ravioli und den obligaten Apfelstrudel. Wir sind im Südtirol, ganz im Norden Italiens, da wo zwei Küchen aufeinanderprallen, aber auch zwei Sprachen, zwei Kulturen. Doch der Aufprall ist weder laut noch bombastisch, keine Funken, keine Glut, kein Feuerwerk. Es ist viel eher ein Zusammenkommen, eine gegenseitige Bereicherung und ein grosses Ganzes. Viele Gaststätten führen hausgemachte Tagliatelle neben Schlutzkrafpen und Apfelstrudel. Die meisten Südtiroler essen heute Pizza, morgen Knödel, sie alle mögen Gelati und Strudel. Viele Städter beherrschen beide Sprachen, lieben das Mediterrane sowie das Urige. „Ein Römer würde mich auslachen, wenn ich sagen würde, dass ich Italienerin sei“, erzählt uns die freundliche Réceptionistin. „Ich bin auf dem Papier Italienerin, aber eigentlich bin ich Südtirolerin.“ Auch ein Kellner, der uns ins Gespräch verwickelt, sagt ähnliches. Viele meinten, er sei Italiener, weil er Deutsch nur mit starkem Akzent spreche. Dabei sei er doch Südtiroler. Wir merken schnell, ob italienisch oder österreichisch, Bruschette oder Buchteln, die Südtiroler sind vor allem einfach Südtiroler.
Äpfel à gogo
Sowas hab ich noch nie gesehen. Von Schluderns bis Meran, eine volle Stunde Autofahrt, ist unser Weg gezäumt von Apfelfeldern. So weit das Auge reicht, nichts als Äpfel. Südtirol ist das grösste zusammenhängende Apfelanbaugebiet in ganz Europa. Mehr als 10% aller Äpfel, die in Europa gegessen werden, stammen aus dem Südtirol. Das ist beachtlich, aber verwundert mich nun kaum mehr. Die Niederstamm-Apfelbäume sind allesamt gut bestückt, pralle Äpfel saugen Spätsommersonne auf, bereit bald gepflückt zu werden. Eine Sorte ist besonders auffallend, dunkelviolett, ja fast schwarz. Immer wieder sehen wir solche Felder. Später erfahren wir, dass diese besondere Apfelsorte XY heisst und eher ein Koch- oder Saftapfel, denn ein Tafelapfel sei. Gekocht oder eher gebacken, wird im Südtirol mi Äpfeln viel. Allem voran Apfelstrudel. Keine zwei Stunden nach unserem Ankommen in Meran sitzen wir dann auch schon bei Strudel und Tee im Kaffee. Der Südtiroler Apfelstrudel unterscheidet sich wesentlich vom Wiener Apfelstrudel. Währen Letzterer mit Strudelteig gemacht wird, kommt der Südtiroler im Mürbeteig daher. Eine weitere Besonderheit: oft werden der Füllung noch Pinienkerne beigemischt. Der Südtiroler steht seinem Kollegen aus Wien aber in nichts nach, im Gegenteil, ich bin hin und weg.
Genuss, Erholung, Natur & Sport
Das Südtirol bietet nicht nur die ideale Mischung zwischen Italianità und österreichischer Gemütlichkeit, sondern auch eine überaus gelungene Kombi zwischen Genuss und Erholung, Natur und Sport.
Ein paar Südtirol Tipps möchte ich euch hier nicht vorenthalten.
Übernachten
Ein pittoresker Garten mit Palmen und einer zutraulichen Haus-Schildkröte, schmucke Zimmer im Jugendstil, alle anders eingerichtet, alle hinreissend und zwei sehr aufmerksame und herzliche Gastgeber erwarten uns im Ottmanngut. Das Boutique Hotel liegt so zentral, dass wir in 5 Gehminuten mitten im Treiben in der Fussgängerpassage sind. Und doch so, dass es für den gewöhnten Städter eine regelrechte Oase der Ruhe ist. Das Ottmanngut ist eine Perle, mit soviel Liebe ausgestattet und geführt, dass es jeden Gast beglücken wird. Am meisten beglückt, hat mich das Frühstück. Dieses wird in vier Gängen serviert, ist hausgemacht, vom Sauerteigbrot über die Konfitüre bis hin Müsli. Alles mit den feinsten Zutaten aus der Umgebung nach dem Prinzip des Slow Foods.
Nochmals so ein Bijoux. Unglaublich. Das 1477 Reichhalter ist in Lana, ca. 10 Autominuten von Meran entfernt. Sage und schreibe über ein halbes Jahrtausend steht dieses Haus schon. Und mit jedem Jahr wurde es noch ein bisschen schöner, ist man versucht zu sagen. Das Haus ist sorgfältig renoviert, mit bestem Design ausgestattet, stylisch und doch mit viel Raum für seine Geschichte. Im Parterre befinden sich zwei kleine Speisesäle, der eine hübscher als der andere. Auch hier stimmt alles, jede Lampe, jedes Kerzchen, jedes Glas passt. Warm und chic ist’s hier. Im 1477 Reichhalter wird auch Dinner serviert – und was für eines. Die Karte ist klein aber fein und interpretiert das Südtirol auf eine spannende Art und Weise. Wir essen uns fast einmal quer durch, von den Ravioli gefüllt mit Spare ribes über den Sommersalat mit Himbeeren bis hin zu den Pfifferlingen-Tagliatelle. Die Qualität des Essens ist auf höchstem Niveau und wir können’s kaum erwarten beim Frühstück weiter zu machen. Frischgepresster Gemüsesaft, hausgemachtes Brioche und Eierspeisen enttäuschen nicht, im Gegenteil, es geht da weiter, wo’s am Abend davor aufgehört hat.
Essen & Trinken
Ein Ein-Mann-Betrieb. Und der Mann sowie der Betrieb haben’s drauf. René ist Südtiroler, waschechter. Nach seiner Patissier-Lehre ging er nach London, wollte weg von Zuhause, weg aus der Provinz. In London lehrte er von den Besten, entwickelte sich weiter, um irgendwann zu merken, dass er eben doch ins Südtirol gehört. Nun ist René zurück und hat sich seinen eigenen Schokoladen-Traum verwirklicht. René macht in einem Zimmer, das gerade mal so gross ist, wie mein Kinderzimmer war, Qualitäts-Schokolade. Das was hier passiert, ist echtes Handwerk. Er ein Tüftler und Mensch voller Leidenschaft. Seine Passion ist ansteckend, seine Schokolade verführerisch. Er legt Wert auf qualitativ hochwertige Produkte, er arbeitet nie mit Essenzen, sondern stets mit den richtigen Produkten, wenn immer möglich aus der Region. Seine schwarze Schokolade hat gerade mal 2 Zutaten – Kakao und Zucker. Das ist Kunst. Zum Dahinschmelzen.
Egal wo, auf heimische Märkte zu gehen, sich von den saisonalen und regionalen Delikatessen verführen zu lassen und sich dem Markt-Treiben hinzugeben – das ist pures Glück. Es gibt Speck und Gemüse, hausgemachte Konfitüren und Schüttelbrot. Und ja, Äpfel à gogo.
Ein Restaurant für Locals. Wir haben den ganzen Freitagabend im Garten dieses Lokals verbracht. Wir fühlten uns wie Einheimische, denn Touristen verschlägt es nur selten hier hin. Einzig, dass sich alle anderen Gäste grüssten, weil sie sich anscheinend kannten, hat uns verraten. Uns kannte niemand. Auf der Veranda sassen sie beisammen, die Werber und Architektinnen aus Meran, die Modejournis und Galeristen. Wir auch und haben uns allem zum Trotz pudelwohl gefühlt. Die Chefin und Sommelier erzählt gern und viel über ihren Wein und das so erfrischend und keck, dass die Werber ab und an laut lachen müssen. Ich träume heute noch von den den Passstelli mit 24h-Ragout. Ein Wohlfühlgericht aus dem Bilderbuch. Und glaubt mir, ich hab Erfahrung mit Wohlfühlgerichten. Das war stelten gut.
Ein cooler Ort. Top Küche. Modern, hip und ein unbedingter Besuch wert. Eine Reservation ist dringend empfohlen.
Dieses Restaurant hat uns der Chocolatier René ans Herz gelegt. Und jemand, der solch gute Schokolade fabriziert, dem ist zu trauen. Hier kocht ein Jungkoch, ein Talent, wenn man so will. Mit gerade mal 30 Jahren macht er hier seine Gäste glücklich und satt.
Bevor man die Heimreise antritt, lohnt sich ein Abstecher im Pur Südtirol. Hier findest du alles, was das Südtirol an Genuss hergibt – von Käse und Schinken über Speck bis hin zu Honig, Schüttelbrot und Wein. Wer mit dem Auto zurückfährt, muss dahin. Wer ohne Auto hier ist, lasse es lieber sein. Den Laden verlässt man ungern mit leeren Händen.
Was René die Schokolade ist, ist dem Ivo das Brot. Der junge Südtiroler bäckt für sein Leben gern – und das entsprechend gut.
Hier geht’s hin, wenn’s mal was besonderes sein darf. Die Speisekarte ist klein, aber das was Sie darauf finden werden, von bester Qualität. Was hier serviert wird, ist das wahrhaftige Südtirol – Ravioli mit Büffelmozzarella, Tomatensauce und Basilikumöl nebst Kartoffelterrine mit Pfifferlingen. Das Ambiente ist gediegen, der Schwiegermamma gefällt’s auch.
Wandern
Ausflug in Pfossental zum Eishof
Erst geht es mit dem Auto mal eine Weile eine kurvenreiche Strasse ins Schnalstal hinein. Hier im Schnalstal sind auch die Ötztaler Alpen, wo einst Ötzi gefunden wurde, das doch mehr als eine nette Sideline. Wir wollten uns aber nicht auf die Spuren Ötzis machen, sondern eher auf jene von Krautsalat, Schmarren oder Strudel. Der Weg führt entlang eines Baches, inmitten von hohem Gebirge ins Tal hinein. Nach einer guten Stunde empfängt uns die erste Alm, die Rableid Alm, wo wir uns Krautsalat, Würstl und hausgemachten Frischkäse gönnen. Danach den obligaten Apfelstrudel, der hier besonders lecker schmeckt. Wer seinen Hunger bis zum Eishof aufspart, hat auch nicht viel falsch gemacht. Der Eishof ist eine Instanz wenn’s um gutes Essen auf einer Alm geht. Hausgemachte Kuchen, Schmarren und österreichische Wohlfühlgerichte für die ganze Familie.
Die Gompm Alm ist der Gourmet unter den Almen. Hierhin mit Hunger, denn der wird gestillt und noch weit darüber hinaus.
Noch mehr Südtirol? Dann schau bei meinen Südtiroler Rezepten vorbei, Schlutzkrapfen und Buchteln stillen Fernweh und machen satt.